In acht Schritten zur Familienstrategie

Die Familienstrategie ist ein gemeinsames Bekenntnis der Eigentümerfamilie zu wichtigen Grundsätzen und Zielsetzungen im Zusammenhang mit der Führung des Unternehmens, dem Umgang miteinander in der Familie, zu Ansprüchen an das Familienvermögen und Machtpositionen. Die Familienstrategie legt zudem Spielregeln zur Lösung von möglichen Konflikten fest.

Nachfolgend beschreiben wir, welche Aspekte im Rahmen einer Familienstrategie geklärt werden sollten. All diese Gesichtspunkte sind in jeder Unternehmerfamilie einzigartig. Eine Familienstrategie ist deshalb Massarbeit und muss auf die individuelle Situation in der Familie zugeschnitten sein.

 

1. Schritt: Erarbeitung der Ausgangslage

Die Erarbeitung einer Familienstrategie beginnt idealerweise mit einer sorgfältigen Analyse als Ausgangspunkt, denn wie bei jeder Strategie muss ich zunächst wissen, wo ich herkomme und wo ich im Moment stehe, um dann zu definieren, wo ich hinwill. Unser Check-up zur Familienstrategie hilft Ihnen als Anleitung, wichtige Themenfelder für die Analyse zu identifizieren.

Wie bei sonstigen Strategieprozessen eignet sich die SWOT-Analyse als Instrument für die Erörterung von Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken. Da sich die Familienstrategie notwendigerweise sowohl über die Unternehmensebene als auch über die Stufe der Familie erstreckt, lohnt es sich, die Analyse der Ausgangssituation auf beiden Ebenen durchzuführen.

Da sich Familienunternehmen untereinander erheblich unterscheiden, lohnt es sich im Weiteren, einige Aspekte zu beleuchten, die diese Unterschiede ausmachen.

Zu diesen Dimensionen gehört die Frage, wem das Unternehmen gehört. Je nachdem, ob es sich um einen Alleininhaber, eine Geschwisterkonstellation oder eine weiter verzweigte Familieneigentümerschaft handelt, sind die Herausforderungen und Lösungsansätze unterschiedlich.

Genauso hat die Frage, wer das Unternehmen führt, bestimmenden Einfluss auf die Art der Herausforderungen. Inhabergeführte Unternehmen sehen sich anderen Herausforderungen gegenübergestellt, als dies bei familiengeführten Unternehmen oder bei Familienunternehmen, die durch eine familienfremde Person geführt werden, der Fall ist.

Der Reifegrad des Unternehmens ist eine dritte Dimension, die wesentlichen Einfluss auf die Art der Herausforderungen hat. Bei jungen und in ihrer Tätigkeit stark fokussierten Familienunternehmen sind die Chancen und Risiken weniger komplex, dafür viel stärker ausgeprägt als dies bei grösseren und breit diversifizierten Familienunternehmen der Fall ist. Entsprechend braucht es auf die jeweilige Situation angepasste Massnahmen, um die sich bietenden Chancen zu heben und mögliche Risiken einzudämmen.

Besonders interessant ist die Frage, inwieweit sich das Familienunternehmen im Rahmen der Nachfolgeplanung entlang der oben beschriebenen Dimensionen verändert. Entsprechend kann abgeleitet werden, wie sich als Konsequenz daraus Chancen und Herausforderungen verändern und entsprechend neue oder zusätzliche Massnahmen ergriffen werden müssen.

Ein besonderes Spannungsfeld ergibt sich in Familienunternehmen durch den Umstand, dass in den beiden Systemen Familie und Unternehmen unterschiedliche Prämissen vorherrschen. Unternehmen richten ihr Handeln nach dem wirtschaftlichen Erfolg, während Familien bestrebt sind, ihren Mitgliedern Geborgenheit, Sicherheit und bedingungslose Unterstützung zu gewähren. Wie weit dominiert die Haltung «Business first», und wie weit wird die «Family first»-Logik zugelassen? Im Rahmen der Familienstrategie muss eine Vereinbarung getroffen werden, wie mit diesem Spannungsfeld umgegangen wird. Es lohnt sich im Rahmen der Erarbeitung der Ausgangslage offen und ehrlich darüber zu sprechen, ob diese Normen transparent oder verdeckt wahrgenommen und gehandhabt werden. Sogenannt «ungeschriebene Regeln» wirken wie ein Weisser Elefant und führen früher oder später zu Konflikten. Die Familienstrategie dient dazu, Verhaltensregeln für das Unternehmen und die Familie festzulegen, die von allen Beteiligten akzeptiert und gelebt werden.

Eine weitere wichtige Dimension kommt hinzu, wenn in der Betrachtung zusätzlich Führungspersonen im Unternehmen einbezogen werden, die weder Mitglied der Familie noch Teil der Inhaberschaft sind. So ergeben sich übers ganze Netzwerk von Familie, Inhaberschaft und Management sehr unterschiedliche Rollen, die folglich verschiedene Sichtweisen mit sich bringen. Eine Zuordnung aller Beteiligten in die diversen Rollen hilft, die unterschiedlichen Erwartungen und mögliche Konfliktfelder zu identifizieren, sowie bestehende Unzufriedenheiten aufzudecken.

Selbstverständlich lohnt es sich, zusätzlich noch weitere Instrumente für die Analyse der Ausgangslage beizuziehen. Organigramme, Darstellungen der Beteiligungsverhältnisse und anderer vertraglicher Konstellationen, allenfalls bereits bestehende Familienverfassungen und Definitionen von Familien- oder Unternehmenswerten, können hilfreiche Dienste leisten.

Zum Schluss der Analysephase werden die Ergebnisse zusammengefasst und thematisch gruppiert. Dazu ist die Logik der nachfolgenden Schritte hilfreich. Sie wissen nun, wo die heiklen Themen liegen und auf welche Schwerpunkte bei der weiteren Erarbeitung der Familienstrategie besonderes Gewicht gelegt werden muss.

 

2. Schritt: Wer gehört dazu?

Zunächst muss geklärt werden, wer bei der Erarbeitung der Familienstrategie miteinbezogen wird und in welcher Rolle. Die für einen erfolgreichen Erarbeitungsprozess notwendige Fairness bedingt, dass diese Frage klar und nachvollziehbar geklärt wird.

Dabei spielt eine Rolle, wer zum Eigentümerkreis dazugehört und wie das Unternehmen auf die nächste Generation übertragen werden soll. Geht die Inhaberschaft an alle Kinder, oder wird eine Auswahl getroffen? Je grösser der Kreis der Eigentümer wird, desto vielfältiger und komplexer werden die Herausforderungen.

Damit der wirtschaftliche Wert des Unternehmens für jeden Inhaber gleichbleibt, muss das Unternehmen mindestens in gleichem Ausmass wachsen wie die Zahl an Eigentümern. Das kann ein Unternehmen an die Leistungsgrenze bringen. Zudem steigt das Konfliktpotenzial mit steigender Anzahl von Eigentümern. So ist es nicht überraschend, dass gemäss Erfahrungswerten Familienunternehmen mit kleinerer Eigentümerzahl länger überleben als Firmen mit wachsendem Inhaberkreis.

Eine Begrenzung der Inhaberschaft auf bestimmte Kreise der Familie muss verbindlich und für alle Beteiligten nachvollziehbar geregelt werden. Dabei gibt es keine einheitlichen oder allgemeingültigen Regeln. Der gesellschaftliche Wertewandel bringt mit sich, dass die Vielfalt von Familienmodellen zunimmt und sich rascher wandelt, als wir uns dies gewohnt waren.

Eine Reihe sehr heikler Fragen tritt dann auf, wenn eine Geschwistergesellschaft auf die nächste Generation übertragen wird. Ohne Einschränkung des Inhaberkreises kann dies nicht nur zu einer starken Vergrösserung der Eigentümerschaft führen, sondern auch zu einer Verzettelung der Interessensstrukturen.

Nachdem festgelegt wurde, wer in den Erarbeitungsprozess der Familienstrategie aktiv einbezogen wird und wie die Inhaberschaft auf die kommende Generation übertragen wird, werden im nächsten Schritt die gemeinsamen Ziele, Werte und Ideale ausgearbeitet.

 

3. Schritt: Was ist unser gemeinsames Ziel, was sind unsere Werte und Ideale?

Damit die Unternehmerfamilie als Gemeinschaft stark sein und bleiben kann, braucht es ein gemeinsames Identifikationselement. Übereinstimmende Ziele und Werte geben ihr eine wirksame gemeinsame Identität.

Um zusammen die Vision, Werte und Ideale zu konkretisieren, werden Antworten auf eine Reihe von wichtigen Fragen gesucht. Angefangen bei der eigenen Geschichte bis hin zur Frage nach der gemeinsamen Mission, der sich alle verpflichtet fühlen, stehen eine Reihe von Themen an, mit denen die Identifikation der Familienmitglieder stark zusammenhängt.

Die Familienmitglieder müssen sich einig werden, wie wichtig ihnen der Erhalt der unternehmerischen Unabhängigkeit ist, welche Erwartungen sie an die (finanzielle) Stabilität haben und was dies für Rentabilität und Wachstum bedeutet.

Die Diskussion, ob die Familie alle Anteile besitzen will, oder sie sich mit der qualifizierten Mehrheit begnügt, führt sehr rasch zur Frage, ob die Familie eigentlich noch der richtige Inhaber für das Unternehmen ist, bzw. das Unternehmen noch das richtige Investment für die Familie darstellt.

Darüber hinaus müssen die Ideale festgelegt werden, zu denen sich alle Beteiligten verpflichten. Oft finden sich bei erfolgreichen Familienunternehmen sehr ähnliche Wertvorstellungen: gegenseitiger Respekt, Integrität, Verantwortungsbewusstsein sowie das Bekenntnis zu langfristigem Denken und Handeln. Dabei gilt es, die Balance zwischen wirtschaftlichen und emotionalen Werten zu finden. Klar definierte Werte dienen als Leitplanken. Gelingt dies gut, ist damit der Grundstein zu einer erfolgreichen Unternehmenskultur gelegt.

Bei den Zielen für das Unternehmen ist oftmals die Sicherung der Unabhängigkeit an oberster Stelle zu finden. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass Stabilität wichtiger ist als Rentabilität und Profitabilität wichtiger als Wachstum eingestuft wird.

Die nun vorliegenden gemeinsamen Ziele, Werte und Ideale geben in den weiteren Erarbeitungsschritten Orientierung und dienen als Leitlinie. In den nächsten drei Schritten werden die Regeln für die beiden Ebenen Unternehmen und Familie präzisiert.

 

4. Schritt: Welchen Rahmen setzen wir für die unternehmerische Tätigkeit?

Die Vision, Mission oder das Unternehmensleitbild definiert den Rahmen für die unternehmerische Tätigkeit. Bei der Erarbeitung dieser strukturellen Vorgaben werden die Erwartungen an das Unternehmen formuliert. Dabei geht es um Leistungswerte und Verhaltenswerte:

  • Leistungswerte: Welche Erwartungen haben wir an unser «Investment» bezüglich dauerhafte Unternehmenswertsteigerung, angemessene Rendite, Marktposition, etc.?
  • Verhaltenswerte: Welchen Rahmen setzen wir für die Erfüllung des unternehmerischen Auftrags bezüglich Fairness gegenüber Mitarbeitern, sorgfältigem Umgang mit Ressourcen, sozialer Verantwortung, etc.?

Zu erwartende Kapitalzu- und -abflüsse spielen eine wichtige Rolle. Wie ist die Einstellung zu Chancen und Risiken? Welche Rolle spielt Wachstum, welche Rolle spielt Vermögenserhalt? Aus den Antworten ergibt sich der strukturelle Rahmen für die Unternehmensführung.

Strategieentwicklung und Umsetzung bleiben sehr wohl Aufgabe des Managements, die Inhaber tun jedoch gut daran, den Rahmen festzulegen, innerhalb dessen das Management seinen Auftrag erfüllen kann. Das Management erhält dadurch eine klare Orientierung und wird vor willkürlichen Einflüssen von Seiten der Inhaber geschützt. Das hilft auch, überdurchschnittlich qualifizierte Talente für die Unternehmensführung zu gewinnen, da diese besser einordnen können, ob dieses Unternehmen für sie der richtige Ort ist.

 

5. Schritt: Welche Corporate Governance geben wir dem Unternehmen vor?

Bei der Definition der Corporate Governance geht es um die Festlegung der geeigneten Strukturen für die Führung und Kontrolle des Unternehmens. Zudem braucht es Regeln, wie die einzelnen Rollen personell besetzt werden. Besonders wichtig ist die Frage, ob das Familienunternehmen durch ein Familienmitglied oder durch einen Fremdmanager geführt werden soll. Dabei gilt es bei der Nachfolge durch ein Familienmitglied zu beachten, dass die Fähigkeit zu erfolgreichem Unternehmertum nicht notwendigerweise vererbt wird.

Im Rahmen der Corporate Governance sollte geregelt werden, unter welchen Bedingungen Familienmitglieder mitarbeiten dürfen. Welche Rollen bzw. Aufgaben dürfen Familienmitglieder grundsätzlich im Unternehmen übernehmen. Was sind die Voraussetzungen für die Wahl in die Geschäftsführung, den Aufsichts- oder Verwaltungsrat etc.?

Bei der Definition der Regeln zur Mitarbeit von Familienmitgliedern besteht vielfach die grösste Diskrepanz zwischen dem, was für das Unternehmen gut ist, und dem, was die Familie wünscht.  Diese Fragen sollten geklärt werden, bevor die ersten Familienmitglieder ihre Tätigkeit im Unternehmen aufnehmen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Familienmitglieder als Angestellte gleichzeitig Firmeneigentümer und damit Entscheidungsträger sind. Gerade in schwierigen Zeiten kann dies hinderlich sein, weil sie vis-à-vis dem zuständigen Management sowohl in einem Unterstellungs- wie auch Vorgesetztenverhältnis agieren.

Wichtige Geldthemen sind ebenso zu adressieren. Dazu gehören Fragen zur Vergütung und Ausschüttungspolitik. Hier gibt es unterschiedliche Erwartungshaltungen. Um die jährliche Diskussion über die Verwendung des Gewinns zu vermeiden, sollte ein Ausschüttungs- bzw. Entnahmeschema erstellt und allenfalls sogar in den Statuten festgeschrieben werden.

Um das Familienunternehmen als solches zu schützen, müssen Regeln aufgestellt werden, ob und wie Anteile an Dritte übertragen werden dürfen. Hierbei gilt es, die Beteiligung vor den Einflüssen einer Scheidung oder den Ansprüchen von Erben zu schützen. Gleichzeitig sollten Regelungen für das freiwillige Ausscheiden eines beteiligten Familienmitglieds getroffen werden, die für das Unternehmen tragbar und für das ausscheidende Familienmitglied zumutbar sind.

 

6. Schritt: Welche Governance Regeln legen wir für die Familie fest?

Ziel der sogenannten Family-Governance ist es, einerseits den Zusammenhalt innerhalb der Familie zu stärken, und andererseits die Identifikation mit dem Familienunternehmen zu fördern.

Ein wichtiges Element sind deshalb Spielregeln für den Umgang miteinander. Dass in Unternehmerfamilien zwei Welten mit unterschiedlichen Verhaltensnormen aufeinandertreffen, stellt eine besondere Herausforderung dar. Auf der einen Seite ist es die Unternehmenswelt mit ihren professionellen und eher rationalen Logiken, auf der anderen Seite steht die Familie mit ihren emotionalen Bedürfnissen nach Nähe und Geborgenheit.

Obwohl es erstrebenswert ist, eine gute Balance zu finden, laufen Kompromisslösungen Gefahr, keinem der beiden Bedürfnisse wirklich zu dienen. Vielmehr ist es ratsam, verschiedene Schauplätze zu definieren, auf denen jeweils angepasste Regeln gelten. Wichtig ist, dass die beiden Spielfelder konsequent getrennt werden. Im privaten familiären Umfeld sollten geschäftliche Besprechungen keinen Platz haben. Ebenso sollten Familienthemen nicht in geschäftliche Besprechungen einfliessen.

Neben Spielregeln für den Auftritt nach aussen sind Regeln für den Umgang mit Konflikten besonders wichtig. Ein aktives und umsichtiges Konfliktmanagement hilft, dass emotionale Konflikte früh erkannt und gelöst werden können. Wie verhalte ich mich? Wen darf ich ansprechen? Und wie kommen wir zu einer Lösung?

Zudem ist mit wachsender Anzahl an Familienmitgliedern der Entfremdung entgegenzuwirken. Dafür lohnt es sich, gemeinsame Aktivitäten zu institutionalisieren. Jährlich wiederkehrende Familientreffen bilden eine schöne Tradition und werden so zum Ritual. Je nach Grösse der Familie können zusätzlich das Fördern gemeinsamer wohltätiger Zwecke (Familien-Philanthropie) oder die gemeinsame Vermögensverwaltung (Family Office) dazugehören.

Dabei spielt auch die Ausbildung kommender Generationen eine wichtige Rolle, um sie auf die Aufgaben als Unternehmensinhaber oder Organmitglied vorzubereiten. Es geht nicht nur um die Bereitstellung genügender Informationen, sondern auch um die notwendigen Kenntnisse, damit die Unternehmensberichte verstanden werden. Unternehmerfamilien setzen dabei zunehmend auf massgeschneiderte Fortbildungsveranstaltungen, manche gründen sogar eine eigene Familien-Akademie.

 

7. Schritt: Wie besetzen wir die verschiedenen Rollen?

Durch die in der Familienstrategie festgelegten Governance-Strukturen werden zahlreiche Rollen in Unternehmen und Familie geschaffen. Diese müssen nun besetzt und unter den Familienmitgliedern verteilt werden.

Weil die Rollen mit mehr oder weniger Macht, Prestige und Geld verbunden sind, kann es rasch und oft zu Konflikten führen. Die Familienstrategie hilft hier enorm, da einerseits das Angebot an Rollen eher vergrössert wird und andererseits klare Kriterien für deren Besetzung festgelegt wurden. So können Wahlentscheide, auch wenn sie gegen einen laufen, transparent nachvollzogen und besser verdaut werden.

 

8. Schritt: Übertragung in die Familienverfassung

Idealerweise werden die gemeinsam erarbeiteten Normen, Strategien, Strukturen und Regeln in einem eigenen Dokument festgehalten. Das Dokument, das normalerweise durch den externen Prozessbegleiter erstellt wird, hält alle getroffenen Entscheidungen fest und gibt einen Überblick über die Umsetzungsmassnahmen.

Die Erstellung einer Familienverfassung ist der letzte Schritt in der Erarbeitung einer Familienstrategie und zugleich der erste Umsetzungsschritt. Die Familienverfassung enthält nicht alle Details der Familienstrategie, sondern konzentriert sich auf die grundlegenden Normen – eine Verfassung eben. Sie ist denn auch kein exakt juristisch formuliertes und einklagbares Dokument, sondern vielmehr eine moralisch bindende, allgemein verständliche, gemeinsame Basis.

Es lohnt sich, die Familienverfassung nicht durch den externen Prozessbegleiter, sondern durch die Familie selbst erarbeiten zu lassen. Beim Formulieren wird schnell klar, ob alle Punkte wirklich sauber durchdacht sind, verstanden und mitgetragen werden.

Einige Inhalte fliessen zusätzlich in den Gesellschaftsvertrag, bzw. Aktionärsvertrag ein (z.B. Grundsätze zur Corporate Governance). Andere Punkte sollten in letztwilligen Verfügungen oder Eheverträgen Eingang finden.

Die SWOT-Analyse

Die SWOT-Analyse liefert uns einerseits Anhaltspunkte zu positiven Einflüssen, die hilfreich sind, Ziele zu erreichen. Solche Faktoren können interne, eigene Quellen haben (Stärken) oder sie werden durch externe Ursachen (Chancen) getrieben. Andererseits untersuchen wir mit der SWOT-Analyse, welche negativen Einflüsse nachteilig auf die Zielerreichung einwirken. Dazu gehören eigene, interne Ursachen (Schwächen) als auch externe Kräfte (Risiken).

Zu den Stärken von erfolgreichen Familienunternehmen gehört eine hohe Übereinstimmung zwischen Inhaberschaft und der Führung des Unternehmens. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das Unternehmen durch einen allseits akzeptierten Familien-CEO geführt wird. So kann der Vorteil der Familieninhaberschaft auf ideale Weise ausgespielt werden, und es ergibt sich natürlicherweise eine hohe Übereinstimmung und Kontinuität in Führungs- und Strategiefragen. Zusätzliche Chancen bieten sich beispielsweise, wenn mehrere talentierte Familienmitglieder der nächsten Generation Interesse am Unternehmen zeigen. Wenn aber Regelungen über das Ausscheiden von Geschäftsführern fehlen, oder keine planmässige Heranführung der nächsten Generation stattfindet, dann sind dies Schwächen, die eine gut funktionierende Nachfolgeregelung behindern. Letzteres birgt das Risiko, dass das Interesse der nachkommenden Generation am Unternehmen nachlässt und die emotionale Bindung der Familienmitglieder zum Unternehmen brüchig wird, ganz zu schweigen vom hohen Konfliktpotenzial.