Leitgedanken für den Erarbeitungsprozess einer Familienstrategie

Es lohnt sich, den Erarbeitungsprozess für die Familienstrategie extern begleiten zu lassen. Familienmitglieder oder andere Beteiligte könnten aufgrund ihres Wissens die Leitung zwar ebenfalls übernehmen, sie sind aber Partei. Externe Prozessbegleiter haben den Vorteil, dass sie ausgleichend wirken, keine Eigeninteressen in den Prozess fliessen lassen und im Idealfall zusätzliches Fachwissen einbringen. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass sie die Workshops gut vorbereiten. Ein zielgerichteter Prozess ist wichtig für den Erfolg. Geht der Fokus verloren und beginnen sich die Diskussionen im Kreis zu drehen, verlieren die Beteiligten schnell die Geduld und das Interesse. Damit wäre eine wichtige Chance vertan.

Der Prozess muss gut vorbereitet sein und ergebnisoffen geführt werden. Alle Themen sollten offen angesprochen werden. Es sollte möglichst keine Tabuthemen geben. Ein achtsamer und aufrichtiger Dialog bedingt, dass man miteinander redet und einander aufmerksam zuhört. Wenn man Wünsche und Erwartungen formuliert, ist es einfacher, gemeinsame Lösungen zu entwickeln, als wenn Bedingungen gestellt werden.

Langfristig denken

Damit ein Familienunternehmen als solches überleben kann, muss in regelmässigen Zeitabständen eine Nachfolgeregelung erfolgreich vonstattengehen.

Mit der Familienstrategie wird ein wichtiges Fundament gelegt, damit die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Nachfolgeregelung geschaffen werden. Deshalb ist es unabdingbar, dass bei der Erarbeitung der Familienstrategie langfristig, d.h. generationenübergreifend gedacht wird. Wenn die Gedanken an die kurzfristigen Auswirkungen den langfristigen Blick vernebeln, ist die Generationenkontinuität in Gefahr.

Einbezug aller Beteiligten

Es ist wichtig, dass alle Betroffenen einbezogen werden und sich aktiv am Erarbeitungsprozess beteiligen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Familienstrategie als Ergebnis des Prozesses auch tatsächlich einer gemeinsamen Willensäusserung entspricht, die von allen mitgetragen wird.

Beim Entscheid, wer in den Prozess aktiv einbezogen wird, sollte der Blick nicht allein auf die Familie gerichtet sein. Führungspersonen im Unternehmen spielen genauso eine Rolle wie allenfalls Teilhaber, die weder Teil der Familie noch im Unternehmen aktiv involviert sind.

Unter Umständen muss eine Linie gezogen werden, da nicht alle Betroffenen aktiv involviert werden können. Diese Abwägung muss auf objektiven Kriterien erfolgen. Jemanden auszuschliessen, nur weil die Person schwierig im Umgang ist oder vermeintlich keine Ahnung hat, kann sträfliche Konsequenzen haben, die später bereut werden.

Interessensausgleich schaffen

Wenn bei der Erarbeitung der Ausgangslage die involvierten Personen den verschiedenen Rollenfeldern zugeteilt werden, wird schnell klar, dass diese unterschiedliche Interessen mitbringen und zu wichtigen Themen verschiedene Sichtweisen haben.

Umso wichtiger ist es, dass sich alle Beteiligten von der zentralen Zielsetzung leiten lassen, nämlich gemeinsame Werte und Ziele zu formulieren, Strukturen und Regeln für den Umgang miteinander festzulegen und Verantwortlichkeiten zu klären. Dies soll in einer Weise erfolgen, die legitime Eigeninteressen und das Wohl der Familie sowie des Unternehmens in Einklang bringen. Das bedingt, dass eigene Interessen zugunsten des Ganzen zurückgestellt werden müssen.

Zudem besteht ein natürliches Spannungsfeld zwischen Familie und Unternehmen, die von der Logik her unterschiedliche Prämissen verfolgen. Auch hier muss ein gut balancierter Ausgleich gefunden werden.

Erkunden verschiedener Lösungsoptionen

Räumen Sie genügend Zeit ein, um verschiedene Lösungsansätze zu erarbeiten und diese zu bewerten. Untersuchen Sie die Lösungsvarianten auch bezüglich deren Umsetzung und möglicher Konsequenzen. Ziehen Sie die die klar formulierten Ziele und Werte bei, um die Lösungsvarianten zu beurteilen. Eliminieren Sie diejenigen Lösungsvarianten, welche anderen diesbezüglich unterlegen sind.

Transparent erklären, was und weshalb entschieden wurde

Es lohnt sich, zu Beginn des Familienstrategie-Prozesses festzulegen, wie Entscheide gefällt werden, welche Mehrheiten notwendig sind und wie die Stimmengewichte verteilt werden. Bei Fragen, die das Unternehmen betreffen, sollten die Stimmengewichte mit den Beteiligungsverhältnissen übereinstimmen.

Fällen Sie klare Entscheide und nehmen Sie sich genügend Zeit, um nachvollziehbare Gründe für den Entscheid auszuformulieren. Wenn alle Beteiligten die Begründung für einen Entscheid mittragen, kann dieser Bestand haben, auch wenn später Zweifel oder gegenteilige Interessen aufkommen. Sie erleichtern sich damit auch die spätere regelmässige Überprüfung der gefällten Entscheide.

Umsetzung der beschlossenen Massnahmen

Achten Sie darauf, dass rasch mit der Umsetzung der beschlossenen Massnahmen begonnen wird, auch wenn nicht alles innert kurzer Zeit realisierbar ist. Konkrete Umsetzungsschritte erhöhen die Verbindlichkeit und machen allen Beteiligten klar, dass die Familienstrategie dazu da ist, tatsächlich gelebt zu werden. Damit unterstreichen Sie deren Glaubwürdigkeit.

Regelmässige Beurteilung und Überprüfung

Auch wenn wir klar dafür plädieren, dass eine Familienstrategie schriftlich festgehalten wird und über einen gewissen Zeitraum Bestand haben sollte, ist eine Überprüfung von Zeit zu Zeit notwendig. Gerade Mitglieder der jüngeren Generation entwickeln ihre Pläne und Vorstellungen von dem, was sie in ihrem Leben erreichen wollen. Aber auch bei der momentan bestimmenden Generation können nicht voraussehbare Veränderungen eintreten, die eine Revision der Familienstrategie notwendig machen. Erfahrungswerte zeigen, dass eine Überprüfung alle 3-5 Jahre lohnend ist.

Für die Überarbeitung der Familienstrategie sind die Grundlagen aus der Erarbeitungsphase dienlich, sollten aber einer gründlichen Überprüfung unterzogen werden. Eine Familienstrategie ist wie ein Netz – ziehe ich an einem Ende, hat dies Auswirkungen auf das gesamte Gefüge. Deshalb ist bei punktuellen Anpassungen äusserste Vorsicht geboten.